In kaum einem anderen Rechtsgebiet sind Irrtümer so weit verbreitet wie im (Wohnraum-) Mietrecht. Viele allseits bekannte Grundsätze existieren in Wahrheit aber nur in der Vorstellung der Beteiligten. In unregelmäßigen Abständen werden hier deshalb einige weit verbreitete Irrtümer behandelt.
Wir beginnen die Reihe mit einem echten Klassiker:
Wohnungsübergabe und Übergabeprotokoll
„Am Anfang und Ende des Mietvertrages muss man die Wohnung gemeinsam besichtigen und ein Übergabeprotokoll erstellen“.
Diese Annahme ist sowohl bei Mietern als auch bei Vermietern sehr weit verbreitet. Sie ist aber falsch! Tatsächlich schreibt das Gesetz nichts dergleichen vor.
Eine gemeinsame Begehung der Wohnung und die Erstellung eines Übergabeprotokolls sind zwar möglich und üblich. Es gibt aber keine Pflicht, eine Mietwohnung gemeinsam zu begehen; niemand muss ein Übergabeprotokoll erstellen und erst recht muss niemand ein Übergabeprotokoll unterschreiben!
Zu Beginn des Mietverhältnisses muss der Vermieter dem Mieter den Besitz an der Wohnung einräumen. Am Ende des Mietverhältnisses muss der Mieter dem Vermieter den Besitz der Wohnung zurückgeben. Beides geschieht durch Schlüsselübergabe. Mehr ist als „Übergabeakt“ rechtlich nicht erforderlich.
Ein gemeinsames Übergabeprotokoll kann für Vermieter und Mieter durchaus erhebliche Nachteile mit sich bringen:
Ein von beiden Seiten unterschriebenes Übergabeprotokoll hat nämlich über die bloße Zustandsbeschreibung der Wohnung hinaus rechtliche Bedeutung, auch wenn man sich dessen oftmals gar nicht bewusst ist. Durch Unterschrift wird der protokollierte Zustand rechtlich anerkannt. Sind im Protokoll bestimmte Schäden der Mietwohnung festgehalten, steht verbindlich fest, dass sie tatsächlich vorhanden waren.
Insbesondere beim Auszugsprotokoll kann das für Vermieter äußerst nachteilig sein. Mit Unterzeichnung des Rückgabeprotokolls bestätigt der Vermieter, dass nur die im Protokoll aufgeführten Mängel tatsächlich vorhanden sind. Wenn nachträglich weitere Mängel erkennbar werden (z. B. bei sorgfältigerer Prüfung oder bei anderen Lichtverhältnissen), ist der Vermieter mit Ansprüchen wegen dieser später entdeckten Mängel in der Regel ausgeschlossen.
Rechtlich nötig oder erforderlich sind eine gemeinsame Begehung und ein Übergabeprotokoll nicht. Es würde zu Beginn und am Ende des Mietverhältnisses ausreichen, wenn der Schlüssel übergeben bzw. zurückgegeben wird, entweder persönlich oder per Post.